Was ist Mental Health?

Mental Health wird häufig übersetzt als Psychische Gesundheit. Das kann irreführend sein, denn es geht um mehr, als nur „nicht psychisch krank“ zu sein.

Als „psychisch krank“ gilt eine Person interessanter Weise ab dem Moment, wo es „ein Problem“ gibt: für einen selbst oder für das soziale Umfeld. Psychische Krankheit ist also bereits eine subjektive Empfindungsfrage. Mit anderen Worten ist die Person psychisch krank, die sich krank fühlt.

Eine bessere Übersetzung ist Psychisches Wohlbefinden. Stellen wir uns also unser Wohlbefinden als eine Skala vor. Im unteren Drittel ist der Bereich, in dem wir uns als zunehmend krank, krank und schlimm krank empfinden. Das mittlere Drittel ist der Bereich, in dem wir gesund, stabil und arbeitsfähig sind. Im oberen Drittel finden wir den Zustand, den wir beschreiben können als: glücklich, zufrieden, erfüllt, entspannt, ausgeglichen, sinnvoll, inspiriert, etc.

Mental Health ist mehr als die Prävention vor dem unteren Drittel, sondern auch das Anstreben des oberen Drittel. Versuchen wir eine Analogie zur rein körperlichen Gesundheit: Wir haben nicht nur den Wunsch, nicht schlimm krank im Bett zu liegen, sondern vielen Menschen ist es noch nicht genug, gerade so mit wenig Luft in den Lungen aber immerhin einem funktionierenden Herzschlag durch den Tag zu segeln. Die körperliche Fitness soll auch ausreichen für den Spaziergang am Nachmittag, das Tanzen auf einer Hochzeit, das Tragen der Einkäufe und manche ganz Wilde treiben gar Sport. Einfach nur „nicht krank“ ist für die meisten nicht gut genug. Dasselbe gilt auch für das psychische Wohlbefinden.

Die World Health Organization (WHO) definiert eine Person als mentally healthy in einem Zustand, in dem sie ihre eigenen Fähigkeiten erkennt, mit dem normalen Stress des Lebens umgehen kann, produktiv arbeiten und in einer Gemeinschaft etwas beitragen kann.

Statistisch betrachtet erleben ca. ein Drittel aller Arbeitnehmer:innen in Deutschland psychische Erkrankungen (27,8 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland, Quelle DGPPN). Dennoch wird das Thema Mental Health häufig vernachlässigt. Menschen, die in das untere Drittel abrutschen und psychisch krank werden, erleben oft Stigmatisierung und Abgrenzung. Warum ist das so? Dafür gibt es mehrere Gründe, und alle haben irgendwie mit Angst zu tun.

  1. Psychische Erkrankungen als reale Option anzuerkennen, macht vielen Menschen Angst, weil es somit auch sie treffen kann. Es handelt sich um die bewährte Strategie mit Kognitiver Dissonanz umzugehen: Hände auf die Ohren, Augen zu und ganz laut schreien: „Ich kann dich nicht hören! Du bist gar nicht da!“ Für das akute Problem der Angst ist es zwar eine sehr wirksame Lösung, für psychischer Erkrankungen allerdings der absolute Worst Case.
  2. Den Umgang mit den eigenen Gefühlen haben viele Menschen nicht gelernt. Er steht zudem im Widerspruch mit manchen Genderstereotypen, die immer noch sehr wirksam sind. Wir sprechen hier also von der Emotionalen Intelligenz (EQ), die lange Zeit zugunsten der kognitiven Intelligenz ignoriert oder vernachlässigt wurde. Wenn wir es mit Mental Health zu tun hat, hilft uns unser IQ vielleicht weiter, die Relevanz des Problems zu erkennen und uns Techniken der Selbstfürsorge anzueignen. Es ist aber unser EQ, den wir brauchen, um uns psychisch zu stabilisieren und die Skala nach oben zu klettern.
  3. Grenzen anzusprechen und einzuhalten, was Mental Health ja von uns verlangt, fällt vielen Menschen schwer. Faktoren hierfür können die FOMO sein (die Angst, etwas zu verpassen), die Arbeits- und Leistungskultur, in der wir leben, oder auch die Angst vor Ablehnung, wenn wir mal nicht (vorne) mit dabei sind.
  4. Vielen Menschen fehlt es auch einfach an Wissen. Dass „wie fühle ich mich“ mehr ist als ein Smalltalk Thema oder eine körperliche Diagnose ist nicht für alle klar und gelernt. Diese kulturelle Bewertung, wie relevant psychische Zustände sind, verändert sich derzeit massiv. Es hängt damit zusammen, wie sehr das Thema durch Autoritäten (etwa Ärzte oder die oben zitierte WHO, oder auch Menschen mit hoher Reichweite wie Influencer) legitimiert wird.

Während der Corona Pandemie sind Mental Health Probleme stark angewachsen und sichtbarer geworden, und das in allen Alters- und Einkommensschichten. Über diese Entwicklung sprechen wir in diesem Podcast und geben Impulse, wie mit dem Thema erwachsen und aufgeklärt umgegangen werden kann. Das psychische Wohlbefinden ist multikausal: es ergibt sich aus einer Vielzahl an Faktoren. Mental Health adressiert eine Kombination aus emotionaler, körperlicher und sozialer Selbstfürsorge. Mit unserem Bildungsunternehmen Kultur & Gestalt trainieren wir, wie Mental Health sichergestellt werden kann, zum Beispiel in unserem IHK Webinar am 23. Und 30. September. Dauert dir zu lange? On-Demand Online Learnings findest zu hier.

Cover: Henn Kim. Macht tolle Illustrationen zum Thema Gefühle, Check this out <3